Öle einst und heute

 

Von der Magie zur Phytotherapie. Die Geschichte der ätherischen Öle

Die Aromatherapie ist ein Teilbereich der Phytotherapie. Ätherische Öle werden aus Pflanzenmaterial gewonnen, und es werden keine naturidentischen oder synthetischen Substanzen verwendet. Ihre Anwendung beruht ebenso auf langjähriger, weltweiter Erfahrung wie auch auf wissenschaftlichen Untersuchungen.

Die Geschichte der therapeutischen Verwendung ätherischer Öle und Ölmischungen beginn zur Zeit der alten Ägypter und erstreckt sich über den Anbau von Arzneipflanzen in den Klostergärten des Mittelalters bis in unsere heutige Zeit. Mit dem Verbrennen von Harzen, Hölzern und aromatischen Pflanzen drückten die Menschen in grauer Vorzeit ihre Verehrung für die Götter aus. Heilige Zeremonien mit Rauchopfern sollten zudem die Gesunden stärken und die Kranken heilen. Auch im Alten Testament ist viel von Salbölen und Räucherwerk die Rede.

Räucherwerk und Salböle

Die alten Ägypter wussten wie kein anderes Volk, duftende Gewürze zum Aromatisieren oder Haltbarmachen von Speisen einzusetzen. Auch in China, Indien, und Persien gab es bereits vor über 2000 Jahren ein umfangreiches Wissen um die Schönheitspflege und das Heilen mit ätherischen Ölen. Duftstoffe und Gewürze gehörten zu den begehrtesten Handelswaren.

Bei den Griechen befassten sich vor allem die Ärzte und Philosophen ausführlich mit den Düften und ihrer Wirkung auf den Menschen. Die alten Römer entwickelten einen bemerkenswerten Hang zum Wohlleben, bei dem die Duftstoffe eine wichtige Rolle spielten. In jeder Lebenslage umgab man sich mit den köstlichsten Düften, und in Bädern, Salben, Ölen und Parfümen waren sie unentbehrlich. So kommt auch das Wort Parfüm aus dem Lateinischen: per fumum = durch den Rauch.

Die genauen Aufzeichnungen über die Wasserdampfdestillation verdanken wir zwei Arabern: dem Schriftsteller Abulcasis und dem berühmten Arzt Avicenna (arabisch Ali Ibn-Sinah). Avicennas Wert Canon medicinae wurde Grundlage der abendländischen Heilkunde; er lernte unter andrem die Kunst des Heilens mit ätherischen Ölen. Über Spanien und durch die Kreuzzüge gelangte dieses arabische Wissen nach Europa.

Hexenjagd und frühe Wissenschaft

Der „offizielle“ Umgang mit Heil-, Gewürz – und Duftpflanzen, mit ätherischen Ölen und aromatischen Wässern war im Mittelalter der Kirche vorbehalten. Gelehrte Mönche und Nonnen studierten die wissenschaftliche Literatur in ihren umfangreichen Bibliotheken, kultivierten die Pflanzen in ihren Klostergärten und stellten daraus Medikamente her. Der Heiler und Heilerinnen aus dem Volk, die viel Wissen um die Heilkraft der Pflanzen besaßen, wurden von der Kirche als Hexen oder Zauberer während des gesamten Mittelalters geächtet und verbrannt.

Im 16. Jahrhundert brachte der Arzt Paracelsus (1493-1541) die Wirkung von ätherischen Ölen und Pflanzen erstmals mit bestimmten Inhaltstoffen in Verbindung. Zur gleichen Zeit schrieb der Straßburger Arzt Hieronymus Brunschwig ein wichtiges Buch über das Destillieren.

Die Anfänge der Aromatherapie

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Heilkraft ätherischer Öle und Ölmischungen vom französischen Chemiker Rene-Maurice Gatterfosse (1881-1950) für die moderne Medizin „wiederentdeckt“. Er prägte auch den Begriff Aromatherapie. Im Ersten Weltkrieg behandelte er Verwundete in den Lazaretten mit ätherischen Ölen Sie verhinderten Wundbrand, heilten Wunden, sorgten für rasche Vernarbung, senkten Fieber und linderten Schmerzen. Weil sie auch auf die Seele wirken, stärkten sie den Lebenswillen der Kranken und trugen auf diese Weise zu Heilung bei.

In Italien erforschten die Wissenschaftler Dr. Renato Cayola und Dr. Giovanni Gatti zwischen 1920 und 1930 die Wirkungsweise der ätherischen Öle. Sie untersuchten vor allem den Einfluss auf Psyche und Nervensystem sowie die keimtötende Wirkung vieler Öle. An der Universität Mailand richtete Prof. Paolo Rovesti als Erster einen Lehrstuhl für Aromatherapie ein.

Die moderne Aromatherapie

Inzwischen hat die Aromatherapie weltweit an Bedeutung gewonnen; immer mehr Menschen interessieren sich diese sanfte, ganzheitliche Naturheilmethode. Aromatherapie kann heute in Frankreich und Italien von Ärzten praktiziert werden, in England darüber hinaus von jedem anerkannten Heiler. Die französische Aromatherapie ist vorwiegend klassisch-schulmedizinisch orientiert. In Amerika und Asien ist das Interesse an der Aromatherapie und Ölmischungen in den letzten Jahren stark gestiegen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz wird in Aromatherapie und Aromapflege differenziert.

Der holistische Ansatz der Aromatherapie

Die Aromatherapie gründet auf der ganzheitlichen Sicht des Menschen als Einheit von Körper, Geist und Seele. Sie berücksichtigt also, dass mentale und psychische Aspekte bei fast jeder akuten oder chronischen Krankheit nicht nur eine tragende Rolle spielen, oft „bestimmen“ sie sogar, welches Organ erkrankt. Dementsprechend müssen Körper, Seele und Geist gleichermaßen behandelt werden, um wirkliche Heilung zu erreichen.

Die Heilkraft der ätherischen Öle und Ölmischungen besteht vor allem darin, ein inneres Ungleichgewicht, das sich in einer körperlichen Krankheit äußert, wieder ins Lot zu bringen. Sie wirken also nicht rein symptomatisch, d.h. sie „bekämpfen“ nicht nur das Symptom, durch das sich die Krankheit zeigt, sondern sie wirken auch ausgleichend, harmonisierend auf den ganzen Menschen!